Nesting-CNC vs. liegende Plattensäge – was passt besser zur Schreinerei?
- Adrian von JPC
- 30. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Die Frage, ob es sich lohnt von einer Plattensäge auf eine Nesting-CNC umzusteigen begegnet uns häufig. Daher möchte ich die wichtigsten Überlegungen in einem Blog-Artikel zusammenfassen. In dem Artikel geht es von den grundsätzlichen Vor- und Nachteilen bis in viele Details, um Euch einen breiten Einblick ins Thema zu geben.

Entscheidender Faktor: Das Produktspektrum
Der wichtigste Aspekt bei der Entscheidung ist das eigene Produktspektrum:
Wer hauptsächlich Korpusmöbel aus fertig beschichteter Spanplatte fertigt, sollte sich intensiv mit dem Thema Nesting auseinandersetzen.
Wer hingegen häufig HPL, Furnierarbeiten oder spezielle Fräsbearbeitungen durchführt, für den spricht eher wenig für eine Nesting-Lösung.
Grundsätzlich lassen sich aber alle Tätigkeiten auch in Kombination mit einer Formatkreissäge oder einer vertikalen Plattensäge (z. B. Striebig) abbilden. In größeren Betrieben kann sogar eine Kombination aus Nesting-CNC und liegender Plattensäge sinnvoll sein.
Vorteile von Nesting
Formatieren und Bohren in einer Aufspannung: Die Toleranzen sind besonders gut, da die Platte in einer einzigen Aufspannung aufgeteilt, formatiert und gebohrt wird. Bei einer Prozesskette mit Plattensäge, Kantenanleimmaschine und CNC schleichen sich oft kleine Ungenauigkeiten ein.
Hohe Effizienz: Die Maschine etikettiert und bohrt, ohne dass der Bediener eingreifen muss.
Grenzen und Herausforderungen
Bohrungen in die Schmalseite: Eine Nesting-CNC kann in Ober- und Unterböden nur eingeschränkt Dübelbohrungen setzen. Es gibt Lösungen, die kleine Taschen fräsen, um dann mit einem Spezialaggregat diese Bohrungen durchzuführen. Alternativ werden auch Cabineo-Verbinder eingesetzt. Diese Verfahren verursachen jedoch viele Späne, lange Bearbeitungszeiten und mehr Verschnitt. Eine praktikable Lösung ist die Kombination mit einer weiteren kleinen CNC zur Schmalbearbeitung – ähnlich einer alten Gannomat-Lochreihenmaschine, aber CNC-gesteuert und mit integrierter Dübeleintreibfunktion. Diese Kombination ist im Korpusbereich sehr effektiv und nicht zwingend teurer als die Kombination aus liegender Säge und CNC.
Konsolenaufspannung: Nesting-CNCs haben in der Regel einen flachen Tisch mit Opferplatte. Die übliche Konsolenaufspannung, die besseren Zugang zu den Schmalflächen bietet, ist damit nicht möglich. Zwar gibt es Blocksauger-Lösungen, aber der Umbauaufwand ist hoch und wird selten gerne gemacht.
Z-Achse / Überfahrhöhe: Viele Nesting-Maschinen haben eine begrenzte Z-Höhe. Wer größere Bauteile mit hoher Aufbauhöhe bearbeiten möchte, sollte dies im Vorfeld genau prüfen.
Leistung und Handling
Automatisierung und Platzbedarf: Es gibt viele Nesting-Lösungen mit automatischer Beschickung und Abräumung. Diese bieten hohe Stückleistungen, benötigen jedoch viel Platz. Die tatsächliche benötigte Leistung sollte daher gut überlegt sein.
Bearbeitungszeit pro Platte: Je nach Teilegröße und Bearbeitungsumfang (z. B. Taschenfräsungen für stirnseitige Bohrungen) dauert die Bearbeitung zwischen 10 und 20 Minuten.
Manuelles Handling: Ohne Beschick- und Abräumtisch müssen zusätzlich ein paar Minuten fürs Entnehmen der Teile, das Reinigen des Tisches und das Auflegen einer neuen Platte einkalkuliert werden. Realistisch ist eine Gesamtzeit von rund 30 Minuten pro Platte, wenn alles auf dem Bearbeitungstisch erfolgt. Bei einem 8-Stunden-Tag wären das 16 Platten – für viele Betriebe mehr als ausreichend. Zeitpuffer für Sonderteile oder spezielle Bearbeitungen sollten aber zusätzlich eingeplant werden.
Datenanbindung und Software
Plattensäge: Wird typischerweise über Verschnittoptimierungssoftware (z. B. Schnitt-Profit oder intelliDivide) angesteuert. Teilelisten enthalten einen Verweis auf das CNC-Programm, die .saw-Datei steuert die Säge, und ein Barcode auf dem Etikett verweist aufs CNC-Programm.
Nesting-CNC: Hier müssen Bohrbilder eventuell getrennt aufbereitet werden. Horizontale Bohrungen werden in ein separates Programm geschrieben und im Barcode abgebildet. Vertikale Bohrungen werden direkt in die Nesting-Datei integriert. Alternativ können auch Taschenfräsungen für horizontale Verbindungen direkt in der Nesting-Software angelegt werden.
Wichtig ist, dass die Daten aus dem CAD effizient verarbeitet werden können, und nicht von Hand zugewiesen werden müssen.
Weitere Überlegungen
Absaugung: Eine Nesting-Maschine erzeugt deutlich mehr Späne. Die Absauganlage muss hinsichtlich Leistung und Spänevolumen (Silo) darauf ausgelegt sein.
Stromverbrauch: Die Vakuumpumpe einer Nesting-Maschine ist deutlich leistungsstärker als die einer Standard-CNC und benötigt entsprechend mehr Strom.
Fazit
Ob Nesting-CNC oder liegende Plattensäge – die Entscheidung hängt stark vom eigenen Produktspektrum und den betrieblichen Rahmenbedingungen ab. Nesting bietet klare Vorteile in der Fertigung von Korpusmöbeln aus beschichteten Platten. Wer jedoch häufig Spezialmaterialien, aufwendige Fräsarbeiten oder Schmalseitenbearbeitungen hat, sollte genau abwägen oder eine Kombination mehrerer Maschinen in Betracht ziehen.
Wichtig ist nicht nur die Investition in die Maschine selbst, sondern auch in eine gute Datenstruktur und gegebenenfalls ergänzende Technik. Richtig eingesetzt, kann eine Nesting-Lösung die Fertigung effizienter, präziser und zukunftsfähiger machen.
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